Zwischen Stunde Null und Wirtschaftswunder

Norderney 1945 – 1955

28.11.2021 – 24.04.2022

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 stand die Insel und das Seebad Norderney vor einer ungewissen Zukunft. Die Situation gleich der nach dem Ersten Weltkrieg: Der Seebadebetrieb war während des Krieges geschlossen. Hotels, Logierhäuser und Pensionen wurden als Lazarette genutzt. Viele Gebäude sind durch eine militärische Nutzung heruntergewirtschaftet. Für die Kriegsrüstung wurde sie auch von einem Großteil der Einrichtung entblößt. Von 12.000 Betten 1938 standen nur noch 4.000 im Jahr 1945 zur Verfügung.

Es mangelt an allem, vor allem an Lebensmitteln, Heiz- und Baumaterial. Zugleich ist die Insel noch voll von ehemaligen Wehrmachtsangehörigen, die auf der Insel stationiert waren oder noch in den Lazaretten untergebracht waren. Hinzu kommen noch einige Hundert Evakuierte aus den zerbombten deutschen Städten.

Flüchtlinge aus den Ostgebieten strömten ebenfalls in zunehmender Zahl auf die Insel. 1947/48 erreichte die Stadt Norderney dadurch ihr Allzeithoch mit 8.100 Einwohnern, davon etwa ein Viertel Flüchtlinge. Die britische Armee errichtete ab 1946 ein sogenanntes „Leave Centre and Summer camp“ für Kurzurlaube und zur Erholung der Angehörigen der Rheinarmee. Die größten und besten Hotels sowie fast sämtliche Einrichtungen des Seebades – u.a. das Kurhaus, das Bazargebäude, das Wellenbad und der Weststrand – wurden hierfür von der Besatzungsmacht beschlagnahmt.

Das Leave Centre war Fluch und Segen zugleich für Norderney. Zwar waren bis zu 700 Norderneyer beim Leave Centre beschäftigt und in Lohn und Brot, doch bremsten die vielen beschlagnahmten Hotels und Badeeinrichtungen die Entwicklung Norderneys in den ersten Nachkriegsjahrzehnt deutlich aus. Erst nach dem Ende des Leave Centre 1952 und der Rückgabe der beschlagnahmten Einrichtungen konnte das Seebad Norderney in den 1950er Jahren wieder aufblühen.