Paläste für Gäste. Bäderarchitektur im Seebad Norderney

26.05.2023 – 3.11.2023

In Zusammenarbeit mit dem Museumverbund Ostfriesland nimmt das Museum Nordseeheilbad Norderney an der Gemeinschaftsausstellung „Van Huus to Huus“ zum Thema Hausbau in Ostfriesland teil. Die Sonderausstellung „Paläste für Gäste“ beschäftigt sich mit der Bäderarchitektur im Seebad Norderney.

Kaiserstraße, um 1900.

Prunkvolle Hotelpaläste, Villen und Logierhäuser, weiß gestrichene Fassaden, Verzierungen und Ornamente an den Fenstern und den vorgesetzten Veranden und Balkonen – dies ist auch heute noch charakteristisch für viele Seebadeorte an Ost- und Nordsee. Diese Architektur entstand im Laufe des 19. und 20. Jahrhundert als Kombination aus verschieden Baustilen wie dem Klassizismus, dem Historismus oder dem Jugendstil. Nicht selten wurden verschiedene Stile sogar in einzelnen Gebäuden kombiniert. In Ostfriesland trat die Bäderarchitektur hauptsächlich auf Norderney auf.

Als das Seebad 1797 begründet wurde und 1800 die erste Badesaison stattfinden konnte, war von dem späteren mondänen Antlitz Norderneys natürlich noch nichts vorhanden. Das „Seebad“ bestand aus etwa 100 Fischerhäusern, in denen die ersten Badegäste unterkamen. Auch die frühsten Gebäude der Seebadeverwaltung wie das ursprüngliche Conversationshaus waren einfachste Zweckgebäude und alles andere als prachtvoll und wiesen keine Merkmale einer besonderen Architektur erkennen. Erst in den 1830er Jahren entstanden erste Bauten, die der Bäderarchitektur zuzuordnen sind.

Das Große Logierhaus, um 1850.

Das erste Gebäude im Stil Klassizismus war das „Große Logierhaus“, das um 1837/38 errichtet wurde. Der Klassizismus wurde von antiken Vorbildern geprägt und zeigte einen Kontrast zu den reich verzierten und verschnörkelten vorhergehenden Stilen des Barocks und des Rokokos. Besonders an seiner Einfachheit war der Klassizismus erkennbar. Dieser Stilepoche lässt sich auch die erste große Hotelanlage, die „Bremer Häuser“ zuordnen, auch wenn diese erst 1872, nach der Hochzeit des Klassizismus, erbaut wurden. 

Conversationshaus, um 1850.

Neben dem Klassizismus war auch der Rundbogenstil Mitte des 19. Jahrhunderts präsent. Ein besonderes Beispiel dafür lässt sich auf Norderney beim in der Mitte der 1830er Jahre vergrößerten und umfassend umgebauten Conversationshaus finden. Dieser Stil griff auf Elemente des Mittelalters zurück und war erkennbar durch schliche Ausführungen, die Sichtbarkeit des Baumaterials und die namengebenden Rundbögen oder flacheren Segmentbögen. Der Rundbogenstil war ein Teil des Historismus, welcher von verschiedenen historischen Stilen inspiriert ist.

Schuchardts Hotel, um 1880.

Für Norderney architektonisch bestimmend wurde in den letzten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts jedoch der Stil des Historismus. Eine große Zahl der Hotels und Logierhäuser wurden in dieser Zeit errichtet. Ganze Straßenzüge, insbesondere die Kaiserstraße, waren vom Historismus geprägt. Dieser Stil zeichnet sich dadurch aus, dass sie Elemente aus vergangenen Epochen und Stilen nachahmt und zum Teil vermischt. Dies führte zu einer Vielzahl von Stilen, die auf historischen Vorbildern basierten, wie beispielsweise Neugotik, Neorenaissance und Neubarock.

Bremer Häuser, um 1880.

Viele Gebäude dieser Zeit sind heute auf Norderney wieder verschwunden. In der Zwischenkriegszeit wurden aus Unterhaltungsgründen etwa architektonische Elemente an den Gebäuden reduziert. Der große Kahlschlag fand schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg statt. In den 1960er und 1970er Jahren wichen viele der am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts errichteten Hotels, Villen und Logierhäuser funktionalen Neubauten. Dies lag zum Teil am schlechten Zustand der Bausubstanz, zum anderen an den gestiegenen Erwartungen über den Ausstattungsgrad der Beherbergungsbetriebe, denen viele der im Bäderstil errichteten Häuser nicht mehr entsprachen.